Fehlgeburt
Achtung Triggerwarnung
Auf dieser Seite informieren wir detailliert über die derzeit gültige Gesetzeslage bei einer Fehlgeburt hinsichtlich folgender Aspekte: Hebammenbetreuung, Arbeitsrecht, Bestattungsrecht (für das Bundesland Steiermark), Personenstandsrecht und Erbrecht.
Leider lassen sich dabei Formulierungen und Reizwörter, die für Betroffene ev. befremdlich und triggernd wirken können, schwer vermeiden. Lies diesen Abschnitt am besten also nur, wenn du dich psychisch dafür gerade in der Lage fühlst oder lass dich durch eine vertraute Person dabei unterstützen.
Wir sind uns bewusst, dass die rechtliche Situation insbesondere bei Fehlgeburten (vor allem in Hinblick auf Hebammenbetreuung und Mutterschutz) zu wünschen übrig lässt und im Vergleich zu Tot- und Lebendgeburten eine Diskriminierung darstellt. Der Verein Rechte für Sternchenmamas setzt sich für eine Verbesserung der rechtlichen Lage ein.
Rechtliche Definition einer Fehlgeburt nach dem Hebammengesetz
Bei einem Geburtsgewicht des Kindes unter 500g spricht der Gesetzgeber von einer Fehlgeburt, wenn zum Zeitpunkt der Geburt keine Lebenszeichen vorhanden sind. Dies betrifft meist Geburten vor der 24. Schwangerschaftswoche.
Hebammenbetreuung
Grundsätzlich wird die Leistung einer Hebammenbetreuung während einer Fehlgeburt nicht vom Sozialversicherungsträger übernommen, bzw. in öffentlichen Krankenhäusern während einer (absehbaren) Fehlgeburt auch teilweise von vornherein gar keine Hebamme beigestellt. Seit 1.9.2024 besteht bei einer Fehlgeburt ab der vollendeten 18. SSW allerdings der Anspruch auf eine kassenfinanzierte Hebammenbetreuung bei und nach der Geburt (zB § 158 Abs 6 ASVG).
Arbeitsrecht
Nach bisheriger Rechtsprechung gibt es bei einer Fehlgeburt im Sinne des Hebammengesetzes kein Beschäftigungsverbot.¹
Führt die Fehlgeburt zu einer Arbeitsunfähigkeit der Mutter aus gesundheitlichen Gründen (diese können auch psychischer Natur sein), so ist dies zu behandeln wie jeder andere Krankenstand auch. Kommt es zu einem Krankenstand von mindestens sechswöchiger Dauer, kann (bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen) versucht werden, mit dem Arbeitgeber eine Wiedereingliederungsteilzeit zu vereinbaren. Darauf hat man allerdings keinen Rechtsanspruch.
Unabhängig von einem möglichen Krankenstand stellt eine Fehlgeburt regelmäßig eine faktische Dienstverhinderung dar, bei der eine Arbeitnehmerin für verhältnismäßige kurze Zeit (bis zu etwa einer Woche) an ihrer Dienstleistung gehindert sein wird und regelmäßig einen Anspruch auf Entgelt nicht verliert (§ 40 AngG, § 1164 Abs 1 ABGB).
Nach einer Fehlgeburt besteht nach derzeitiger Rechtslage nur ein – im Vergleich zu einer Lebendgeburt oder Totgeburt – kürzerer Kündigungs- und Entlassungsschutz nach dem Mutterschutzgesetz, und zwar für einen Zeitraum von 4 Wochen nach einer Fehlgeburt. Eine Kündigung nach diesem Zeitraum in Zusammenhang mit einer Fehlgeburt kann allenfalls aus anderen Gründen bekämpft werden (etwa, wenn diese Kündigung eine Diskriminierung nach dem Gleichbehandlungsgesetz darstellt²), dies erfordert aber eine rechtliche Prüfung im Einzelfall.
¹ Dies ergibt sich nicht direkt aus dem Gesetz, sondern wurde dies vom Obersten Gerichtshof in einer vergleichsweise alten Entscheidung (OGH 01.07.1980, 4 Ob 76/80) so argumentiert.
² Vgl dazu den Sachverhalt zu OGH 27.02.2014, 8 ObA 81/13i: „Als die Klägerin dann in weiterer Folge eine Fehlgeburt erlitt und drei Wochen im Krankenstand war, wurde sie wenige Tage nach ihrer Rückkehr aus dem Krankenstand am 13. 11. 2009 zum 31. 12. 2009 gekündigt. Ihr wurde als Grund angegeben, dass das Kind, das sie verloren hatte, ein Wunschkind gewesen sei und es daher wahrscheinlich sei, dass sie wieder schwanger werde und mit Komplikationen zu rechnen sei.“
Bestattungsrecht (für das Bundesland Steiermark)
Es gibt in vielen Bundesländern nicht nur ein Bestattungsrecht bei Fehlgeburten, sondern sogar eine Bestattungspflicht, dies auch in der Steiermark.
Das bedeutet, dass die Leiche eines Sternenkindes rechtlich im Wesentlichen behandelt wird, wie jede andere Leiche eines Menschen. Die Leiche muss pietätvoll behandelt werden und zwingend Gesetz bestattet oder eingeäschert werden. Wird der Bestattungspflicht nicht entsprochen, erfüllt dies regelmäßig einen Verwaltungsstraftatbestand, und allenfalls auch den gerichtlichen Straftatbestand der „Störung der Totenruhe“ gemäß § 190 StGB.
Die Entscheidung darüber, wie verfahren werden soll (welche Bestattungsart, welcher Bestattungsort, Einäscherung, etc.) obliegt grundsätzlich den nächsten Verwandten des Sternenkindes, im Regelfall also der Mutter. Trifft diese keine Verfügungen, hat entweder die Gemeinde oder das Anatomische Institut der Universität Graz (welches davor die Leiche für Forschungs- bzw. Lehrzwecke nutzen kann) der Bestattungspflicht zu entsprechen und eine Bestattung in die Wege zu leiten, wobei es im Falle einer Fehl- oder Totgeburt auch zu einer Sammelbestattung kommen kann. Einzelne Gemeinden (wie etwa die Stadt Graz) unterhalten hierfür eigene Sammelgräber.
Das Gesetz sieht keine exakte Frist für Angehörige vor, Verfügungen für die Bestattung zu treffen. Das Gesetz sieht jedoch grundsätzlich vor, dass eine Bestattung binnen 7 Tagen durchzuführen ist – daher sind entsprechende Verfügungen von Angehörigen rasch zu treffen. Es ist daher dazu zu raten, so schnell wie möglich allen Beteiligten (dem Krankenhaus, den beigezogenen Ärzt*innen und Hebammen) klar zu kommunizieren, wenn man selbst eine Bestattung oder Einäscherung organisieren will.
Eine Obduktion wird im Regelfall nur dann durchgeführt, wenn diese gerichtlich oder behördlich angeordnet wurde oder die Angehörigen zustimmen. In einer öffentlichen Krankenanstalt kann aber unter bestimmten Umständen (§§ 25 und § 40 Abs 1 lit b KaKuG) eine Obduktion auch ohne Zustimmung der Angehörigen durchgeführt werden. Äußern die Angehörigen jedoch einen Widerspruch gegen diese Obduktion, so sind die Interessen der Angehörigen mit den öffentlichen Interessen an der Durchführung einer Obduktion abzuwägen.³
Trifft man selbst Verfügungen für die Bestattung hat man grundsätzlich dieselben Möglichkeiten wie bei jedem anderen Todesfall eines Angehörigen. Möglich sind eine Erdbestattung, eine Beisetzung in einer Gruft, und die Einäscherung.⁴ Erdbestattung darf nur auf einem Friedhof erfolgen. Eine Beisetzung in einer Gruft kann in Ausnahmefällen in einer individuell genehmigten Begräbnisstätte außerhalb eines Friedhofes erfolgen. Im Falle einer Einäscherung ist die Asche jedenfalls in einer Urne zu versiegeln und ist die Urne dann auf einem Friedhof, in einem Urnenhain oder in einer Urnenhalle beizusetzen oder zu verwahren. Die Kosten für die jeweils gewählte Bestattungs- bzw. Aufbewahrungsform unterscheiden sich stark, grundsätzlich kann jeder Bestatter die Preise für seine Dienstleistungen frei wählen.
Es besteht auch die Möglichkeit, mit individueller Genehmigung der Gemeinde, in der die Urne beigesetzt oder verwahrt werden soll, die Urne auch außerhalb eines Friedhofes, eines Urnenhaines oder einer Urnenhalle beizusetzen oder zu verwahren. So ist es etwa auch möglich, eine Urne bei sich zu Hause zu verwahren.
Es empfiehlt sich aber jedenfalls – da das Gesetz keine detaillierten Vorgaben macht – vorab mit der zuständigen Gemeinde bzw. der dort zuständigen Sachbearbeiterin Kontakt aufzunehmen, und sich zu erkunden, welche Unterlagen hierfür erforderlich sind. Üblicherweise wird es notwendig sein, eine fotografische Dokumentation des geplanten Aufbewahrungsortes der Gemeinde zu übermitteln.
³ EGMR 20.7.2021, 12886/16 (Polat gg Österreich), NLMR 2021, 339.
⁴ Außerhalb der Steiermark sind auch andere Bestattungsformen möglich – so besteht etwa in Niederösterreich die Möglichkeit einer Beisetzung einer Urne oder Aschenkapsel in Gewässern mit individueller Bewilligung. Soll eine Bestattung in einem vom Bundesland des Todesortes abweichenden Bundesland erfolgen, sind die rechtlichen Voraussetzungen jeweils im Einzelfall abzuklären.
Personenstandsrecht
Fehlgeburten müssen der Personenstandsbehörde (Standesamt) nicht angezeigt werden. Es besteht aber die freiwillige Möglichkeit, auch Fehlgeburten als Personenstandsdaten eintragen zu lassen und darüber eine Urkunde ausgestellt zu bekommen. Darin können die Namen der Eltern (oder auch nur eines Elternteiles), der Name des Kindes, das Geschlecht, und der Tag und Ort der Fehlgeburt eingetragen werden.
Die Eintragung der Daten und die Ausstellung einer solchen Urkunde kann grundsätzlich bei jedem Standesamt begehrt werden. Vorzulegen ist dem Standesamt (neben amtlichen Lichtbildausweisen der Mutter und allenfalls des Vaters, falls dieser auch die Eintragung begehrt) eine ärztliche Bestätigung über die Fehlgeburt. Soll auch das Geschlecht des Sternenkindes eingetragen werden, dann muss aus der ärztlichen Bestätigung auch das Geschlecht hervorgehen.
Erbrecht
Es kommt zu keinem Verlassenschaftsverfahren.